Sonntag, 15. April 2012

Namenlose Schlacht

Es wurde eine neue Form der Gemeinschaft geschaffen: Ohne feste Ziele oder gemeinsam erarbeiteten Richtlinien. Offen für jegliche radikale Meinung und ein Topf auf den fast jeder Deckel passt. Occupy, Anonymous, die Piratenpartei... ich sympathisiere mit Ihnen allen, vom Grundgedanken her, jedoch wird mir so langsam mulmig, dass sich immer noch kein deutlicher Konsens kristallisiert. Am schwierigsten wird das für Anonymous. Es ist ein genialer Schachzug auf der einen Seite, sich keine feste Grenze zu stecken. Weil es jeder sein könnte. Damit bietet man kein festes Angriffsziel. Die Kehrseite der Medaille sind die Möglichkeiten für: Exhibitionisten, Scriptkiddies, böswillige Menschen, Geheimdienste, Regierungen und alle die sich einen Vorteil davon erhoffen jemanden "anonym" anzugreifen und hinterher ein Bekennervideo mit Guy Fawkes Maske und Computer Sprachausgabe auf Anonymous zu münzen. Solange es keine wirkliche Agenda gibt, an der jeder Idiot sieht, das ist von Anonymous und das ist definitiv ein Trittbrettfahrer, wird es Menschen geben die dies für ihre Zwecke missbrauchen.

Occupy unterliegt den gleichen Problemen. Die Einigungen sind nicht voran geschritten und es wird demonstriert mit der Masse, aber viele für sich allein. Solange es kein konkretes Konzept gibt, für Lösungen, für konkrete Zielsetzungen und für Maßnahmen sind und bleiben es hellleuchtende Strohfeuer in der Nacht. Die Menschen müssen doch wissen für was sie kämpfen, welche Ziele sie sich gemeinsam stecken und welche Richtlinien auf dem Weg zum Ziel gelten.

Die Piratenpartei mag einen Grundtenor Datenschutz haben, der ist 100% notwendig in unserer Zeit, macht aber noch kein regierungsfähiges Konzept aus. Natürlich liegt genau in diesem Thema der große Missstand in unserer Zeit, nur Datenschutz hat wenig zu tun mit Bildung, Forschung, Gesundheit, Arbeit, Aussenpolitik und all den vielen unangenehmen Themen die so viel Streitpotential haben. Ich wäre begeistert, wenn ich sehen würde wie eine eindeutige Richtung eingeschlagen wird und das Piratenschiff auf Kurs geht. Solange die Navigation fehlt, dreht man sich mit dem Wind nach Steuerbord und Backbord... die Möglichkeit eine junge Politik zu machen und diese elende Zweiparteien-"Demokratie" aus dem Ruder zu werfen, sollten sie nutzen, solange der Wind in ihre Segel bläst.

Aber auch dann sind die Piraten noch nicht sicher gegen plötzlichen Kurswechsel. Denn welche Politik wirklich gemacht wird wenn man an der Regierung ist, sieht man erst wenn die einzelnen Personen an der Macht sind. Da hilft dann nur noch der eigene festgeschriebene Kodex, der sollte mit den Zielen der Partei übereinstimmen oder man sollte die Größe haben, die Masse mit Argumenten zu überzeugen oder das Schiff zu wechseln...

Schließlich haben die Grünen auch dem Krieg im Kosovo und dem Afghanistan Krieg zugestimmt obwohl es komplett von der gemachten Agenda abweicht. Da kann man dann nicht von Einzelfall-Entscheidungen reden, es ist schlicht und ergreifend die Wähler an der Nase herum geführt, die eine Partei mit dem Versprechen des Atomausstiegs und dem Pazifismus wählten. Davor sollte man nicht nur auf der Hut sein, sondern auch davon ausgehen, dass die Wähler der heutigen Generation eine längere Gedächtnisspanne haben. Die Alzheimer Wähler sterben aus, denen ihre Zeitungen mit den Versprechen von Gestern sind schon lange recycelt wenn die heutige Generation die Versprechen noch lange googlen kann...



Die Richtung vorzugeben hat nur so viele Nachteile, dass eine Aufschieberitis ensteht wie beim Zahnarzttermin. Die unliebsamen Folgen sind: Kritik, Gegner, Gegenargumente, notwendige Standhaftigkeit oder offensichtlicher Opportunismus.

Letzen Endes verkauft sich sowieso kein noch so harter Fakt ohne eine Story drum herum. Es sind die Geschichtenerzähler, die Meinungen erzeugen und Nachrichten objektiv wirken lassen in Ihrem wackligen subjektiven Gerüst aus Ansichtssache, Erziehung, Konditionierung und Gruppendynamik. Es werden immer Emotionen geschürt, selbst bei den trockensten Themen, den der Mensch interessiert sich am meisten für Geschichten von Menschen, mit Drama, Gut&Böse plus eindeutige Rollenverteilungen. Denn Schwarz&Weiss-Denken ist nicht nur von der Schule antrainiert, sondern auch so viel einfacher als reflektiertes - themenbezogenes - Denken.

Bitte bildet ein Komitee mit richtungsweisenden Vorschlägen, die von allen Beteiligten abgestimmt und umgesetzt werden. Kritik ist gut und notwendig zum Wachstum, aber in den Kernpunkten sollte man sich einig sein. Sonst stellt man irgendwann erschreckend fest, dass die getroffenen Entscheidungen nichts mit den eigenen Erwartungen zu tun haben.

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